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Ausstellung “Feibelmann muss weg” eröffnet

„Ein antisemitischer Vorfall aus der schwäbischen Provinz“ steht im Fokus der Ausstellung „Feibelmann muss weg“, die am Sonntag in der ehemaligen Synagoge in Hainsfarth eröffnet wurde und bis 30. Juni zu sehen sein wird. Das Publikumsinteresse war bemerkenswert. Nicht Mitglieder, Sympathisanten und Aktive des Freundeskreises der ehemaligen Synagoge, nahmen an der Eröffnungsfeier teil, sondern vor allem auch Personen aus dem öffentlichen Leben. Die lokale Politik war u. a. vertreten durch mehrere Bürgermeisterinnen und Bürgermeister, sowie durch Kreisrätin Claudia Marb als Vertreterin von Landrat Rößle und Kreis- und Bezirksrat Albert Riedelsheimer, die Bayerische Staatsregierung durch Ludwig Spaenle, den Beauftragten für jüdisches Leben und gegen Antisemitismus, für Erinnerungsarbeit und geschichtliches Erbe.

Die Gehässigkeiten und Beschimpfungen, die hier für Memmingen dokumentiert sind, so die Vorsitzende in ihren Eileitungsworten, könnten sich genauso in irgendeiner anderen schwäbischen Stadt zugetragen haben. Dass sie überliefert sind, ist der Nervenstärke und dem Durchhaltewillen des Opfers und seiner Familie zu verdanken.

Ludwig Spaenle war zusammen mit seiner Ehefrau ins Nordries gekommen und bewies damit wieder einmal seine Hochachtung für die Aktivitäten des Freundeskreises und seiner Vorsitzenden Sigried Atzmon. Wie sich die überwunden geglaubte Judenfeindschaft frech und verstärkt in die Öffentlichkeit dränge, zeige sich daran, immer mehr antisemitische Hasstexte voll ungeahnter Menschenverachtung bei seiner Dienststelle eingehen, und zwar mit vollständiger Absenderangabe. Die unvorstellbare Gewaltorgie der Hamas und das daran anknüpfende Aufflackern des Judenhasses bei uns, so Spaenle sinngemäß, führen dazu, dass die bei uns lebenden Jüdinnen und Juden in ihrer Freiheit eingeschränkt und quasi in Geiselhaft für die Politik Israels genommen werden. Wegen der Irrungen und Wirrungen der deutschen „Erinnerungskultur“ seit 1945 verwies Ludwig Spaenle auf den Holokaust-Überlebenden Philipp Auerbach, der als bayerischer Staatskommissar für Verfolgte des Nazi-Regimes kämpfte und sich nach einem zweifelhaften Strafurteil das Leben nahm. Siegfried Metz, Auhausen, zitierte aus der „Charta“ der Hamas von 1988, wo in absurd menschenfeindlicher, antijüdischer „Poesie“ die Vernichtung aller Juden geradezu als sakraler Akt verherrlicht wird.

Monika Müller, Kuratorin beim Jüdischen Museum Augsburg Schwaben, gab einen berichtete über Vorgeschichte und Werdegang der Ausstellung. Das Team stand u.a. vor dem Problem, die Exponate, inhaltlich verabscheuungswürdig und abstoßend, wie sie sind, informativ, interessant, ja attraktiv darzubieten. Für eine Fülle weiterführender Gesichtspunkte verwies sie auf die Begleitpublikation mit Beiträgen von Historikern und Medienwissenschaftlern.

Im zweiten Teil der Veranstaltung ging es darum, dass die langjährige Vorsitzende des Freundeskreises, Sigried Atzmon am 22. März 2024 endlich nach dem Rieser Heimatpreis, der Silberdistel und dem Bayerischen Verfassungsorden auch das Bundesverdienstkreuz erhalten hat.

Als erster gratulierte ihr der Zweite Vorsitzende des Freundeskreises, Hermann Waltz. Er würdigte das Stehvermögen der Vorsitzenden im Brennpunkt eines „Spannungsfeldes, das einen fast zerreißen könnte“. Es sei eine Ehre für alle Aktiven und Freunde, mit ihr zusammenarbeiten zu dürfen. Er übergab einen Rosenstock mit dem beziehungsreichen Namen „Batseba“.

Albert Riedelsheimer sprach für Eva Lettenbauer MdL und für die eigene Person ein ausführliches Grußwort. Ludwig Spaenle erinnerte an seine persönliche Verbundenheit mit dem nordschwäbisch-mittelfränkischen Raum, einem Modell für das Zusammenleben von Juden und Christen mit Licht- und Schattenseiten. Unter Hinweis auf den Blutigen Palmsonntag von Gunzenhausen habe es lange genug gedauert, bis die Deutschen ihren Nationalsport, das Verdrängen und Verschweigen, aufgegeben haben.

Die Ausstellung ist bis 30. 6. 2024 sonntags (außer am 28. April) von 13-17 Uhr zu besichtigen.