Berichte

Tal Bassali – Mikwe in Venedig

Wie angekündigt, fand im Rahmen des Begleitprogramms zur Mikwenausstellung, die noch bis 27.August jeweils an den Wochenenden besichtigt werden kann, ein Gesprächsabend mit einer „Mikwe-Lady“ statt. nämlich mit Tal Bassali. Sie präsentierte sich als charmante junge Frau, Italienerin mit britischem Hintergrund, Mutter von drei Kindern mit Wurzeln auch in Deutschland, genauer, in Oberfranken, in der Nähe von Bamberg. Unter anderem hat sie sich zur Aufgabe gemacht, die Personen zu betreuen, die in Venedig in „ihrer“ Mikwe die Reinigungsrituale der jüdischen Religionsgesetzen praktizieren. Das ist freilich, wie Tal Bassali mitteilt, nicht der einzige Grund, warum jüdische Frauen die Mikwe aufsuchen. Viele genießen den Abstand von Familien- und Alltagssorgen und den geschützten Bereich „women only“. Einmal im Monat sich zu entspannen und sich auf den eigenen Körper zu konzentrieren sei gut für die weibliche Seele, so Tal Bassali. Männliche Glaubensgenossen sind von der Mikwe nicht ausgeschlossen, die Nutzungszeiten sind aber nach Geschlechtern geordnet, wo es keine räumliche Trennung gibt. Männer nehmen die Mikwe aber hauptsächlich an wichtigen Festtagen in Anspruch; ihnen fehlt die natürliche Rhythmisierung des Lebens, der dem weiblichen Geschlecht eigen ist. Tals Mikwe gehört der Einheitsgemeinde, die im historischen Judenviertel von Venedig, dem sogenannten Ghetto ihren Sitz hat. Häufig sind bei Tal Bassali Touristinnen jüdischen Glaubens z. B. aus USA, zu Gast, die „unterwegs“ nicht auf ihren gewohnten Rhythmus verzichten wollen. Venedig hat ja einen Ruf als Reiseziel für Hochzeitsreisen, und so ist es kein Wunder dass Tal Bassali wie sie in rauschendem Redeschwall (Hermann Waltz war in seiner Dolmetscherrolle nicht immer zu beneiden) mitteilt, „plenty of honeymooners“ zu betreuen hat.
Von dem, was sie über die Aktivitäten des Freundeskreises der Hainsfarther erfahren hat, und von der hervorragenden und respektvollen Restaurierung der Synagoge zeigte sich die englisch-italienische Venezianerin begeistert. Einen Teil ihrer persönlichen Mission sieht sie darin, die jüdische Identität unter den Bedingungen der Diaspora im Bewusstsein der Jüdinnen und Juden wach zu halten. Die jüdischen Traditionen haben Anteil daran, was Europa heute ausmacht, von den jüdischen Sklaven, die am Kolosseum eingesetzt wurden bis zu prägenden Intellektuellen, Staatsmännern und Geschäftsleuten. Deshalb hat sie die Zehud Jewish Online School gegründet, mit deren Hilfe Schüler jeden Alters in ganz Europa Hebräisch lernen können.
Das Publikum bei Tals Gesprächsabend war nicht sehr zahlreich, aber jede/r, der/die dabei war, hat von dem Abend profitiert. Bericht, Foto: Friedrich Wörlen